Zwerge mischen das Museum auf

VON MICHAEL THALKEN, 06.11.04, 10:58h, aktualisiert 07.11.04, 12:18h





Bild: Thalken
"Ich habe dir nie einen Rosengarten versprochen", lassen diese Zwerge wissen, die sich als gärtnernde Männer-Selbsthilfegruppe zusammengefunden haben.


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Im „Winterasyl“ in Blankenheim lernen die Wichte Paris und den Geschmack von Opium kennen.

Blankenheim - Normalerweise ist der Blickwinkel eines Gartenzwergs recht eingeschränkt. Den ganzen Sommer über treibt er sich zwischen Rosen oder Tulpen herum, fischt mit seiner hakenlosen Angel monatelang im Trüben, schiebt eine kleine Karre vor sich her oder führt ein Rehlein am Strick spazieren. Und bei all diesen Aktivitäten legt er sein verschmitztes Lächeln genauso wenig ab wie seine bunte Mütze.

„Wir wollen den Zwergen einmal neue Erfahrungsräume ermöglichen“, erläuterte Eva-Maria Hermanns vom Förderverein des Blankenheimer Eifelmuseums. Seit Tagen ist sie damit beschäftigt, die Keramik- und Hartplastikwinzlinge in unterschiedliche Gruppen einzuteilen: Dutzende von Gärtnerzwergen lümmeln sich beispielsweise auf Rosenblättern und lassen unisono wissen: „Ich habe dir nie einen Rosengarten versprochen.“ Blasmusikanten mit reichlich abgewetztem Spielgerät warten auf die „Rückkehr des Tanzlehrers“.

Eine Reisegruppe mit Rucksack und Wanderstiefeln hat den Pariser Eifelturm fest im Blick, denn sie weiß: „Es geht noch ein Zug zum Gare du Nord.“ Andere Zwerge wiederum machen es sich in der Badehose mit Cocktails am Strand gemütlich. Doch sie klagen über „fortlaufende Herzschmerzen bei milden 18 Grad“.

Es gibt aber auch echte Individualisten unter den Mützenträgern: Ein auf einer Schnecke reisender Zwerg macht soeben die „Entdeckung der Langsamkeit“. Übel erwischt hat es hingegen einen Kollegen, der reichlich lädiert auf dem Rücken liegt: „Das stärkste Opium haut selbst den stärksten Opi um.“

Doch sind die Wichte keinesfalls allein. Großformatige Bilder symbolisieren die einstige Umwelt der Gartenzwerge: Bäume, Blumen und Sträucher kehren zurück als gemalte Landschaft oder als Objekte aus Filz.

„Die Ausstellung betreibt ein beständiges Spiel zwischen dem Trivialen und dem Erhabenen“, erklärte Frau Hermanns das ungewöhnliche Kunstprojekt im Eifelmuseum. Ursprünglich habe der Förderverein einfach mal was Lustiges machen wollen. Doch schnell wurde klar, dass das Spiel mit verschiedenen Standpunkten, die Durchdringung von Kitsch und Kunst unendliche Deutungsmöglichkeiten erlaubt. Trivialkunst, Alltagskultur und „hohe“ Kunst werden so auf irritierende Weise miteinander verknüpft und konstituieren neue, durchaus bedeutende Bilderwelten.

Der Kölner Künstler Klaus Heuser benutzt Gartenzwerge für seine Installationen. Ironisch setzt er eine ganze Reihenhaussiedlung in Szene: Jeder Hausbesitzer trägt dieselbe spitze Zipfelmütze, nennt den gleichen kleinen, quadratischen Garten sein Eigen und unterscheidet sich von den anderen einzig noch durch seinen Namen.

In einer anderen Szenerie wird der „Zwergenaufstand“ erprobt: Weiß gestrichene Playmobil-Männchen greifen zum Schwert. In Einmachgläsern erschaffen sich die Wichte darüber hinaus selbst wiederum winzige Gegenwelten, in denen die Alltagskultur der Zeitgenossen zum kitschigen Interieur verkommt. Aus dem an sich Kitschigen lässt sich merkwürdigerweise auch Bedeutendes herstellen, sobald dessen Kontext vom Künstler bewusst geändert wird.

Die meisten Gartenzwerge im Winterasyl im Eifelmuseum stammen von Kerstin Kyaw aus Roggendorf, die anderen von vielen Liebhabern aus nah und fern. Röhrende Hirsche stellte für das „Beiprogramm“ das „Museum für verwandte Kunst“ aus Köln zur Verfügung. Die zeitgenössische Kunst wird von Bettina Zettelmeier, Agii Gosse, Karen Betty Tobias, Klaus Heuser und dem Eifeler Peter Hundeck repräsentiert.

Eröffnet wird die Ausstellung „Zwerg, Hirsch und Kunst“ am Sonntag, 7. November, 17 Uhr. Während der Öffnungszeiten des Museums wird das Zwergen-Panoptikum dann noch bis zum 6. März zu sehen sein.

 www.eifelmuseum-blankenheim.de


(KStA)